Mittwoch, 9. Juli 2014

Kapitel 101) Sherpa


 
 

Eintrag von Kurt am 29.06.2014

Seit langer Zeit geisterte bei mir der Gedanke, als "Flachlandcowboy" einmal mit den Pferden in die Berge zu gehen.

Ich habe dazu diverse Internetseiten durchsucht. Ein Ritt ins Hochgebirge wurde es dann nie, es reichte lediglich zu zwei eher gemütlichen Almritten.
Beim Kurs in Spanien im Jänner diesen Jahres erzählten mir Norma und Simone - zwei Walliser Mädels, dass sie mit Jean-Claude Dysli in ihrer Heimat einen Ritt zum Aletschgletscher unternommen haben.
WOW - das wär´s - waren meine ersten Gedanken. Norma und Simone haben mir meinen langersehnten Wunsch, so glaub ich, von den Augen ablesen können. Es wurden dann auch gleich Nägel mit Köpfen gemacht - ein Besuch von mir inklusive Hochgebirgsritt in der Schweiz wurde noch in Spanien fixiert.

Im Juni 2014 war es dann so weit. Per Zug ging es ins wunderschöne Wallis und ich wurde dort herzlichst aufgenommen. Am Tag vor dem Start der Trekkingtour stellte mir Norma meinen Partner für die nächsten Tage vor. Ich bekam auch gleich die ersten "Anweisungen", wie dieser bayfarbene Wallach "funktioniert". Sein Name ist "SHERPA" - ein bezeichnender Name für unser Vorhaben, wie ich finde.
Sherpa ist eigentlich ein Volksname, seit aber Extremsportler, Entdecker und Abenteurer in der 1. Hälfte des 20. Jhd. Männer aus dem Volk der Sherpa als Träger im Himalaya angeheuert haben, wird der Name Sherpa häufig als Synonym für "Hochgebirgsträger" gebraucht. (Wikipedia)
Mein neuer Freund und ich waren schnell auf gleicher Wellenlänge. Sein Name bürgt für Qualität.
Am nächsten Tag ging es am Vormittag los. Schon das anfängliche Wegstück, welches wir zwischen Rhone Fluss und Eisenbahnlinie bzw. Straße zurücklegten, präsentierte mir die ersten Vorzüge, die Sherpa und auch die Pferde meiner Begleiter auszeichnet: Coolness und Nervenstärke !! Züge und Autos sausten vorbei, der Fluß dröhnte, aber Sherpa´s Ohren waren stets bei mir und er trug mich mit unglaublicher Ruhe den Weg entlang. Nach diesem geglückten Start kamen wir an eine Stelle, wo man getrost sagen kann "Von nun an geht´s bergauf !" - und zwar ordentlich !
Anfangs war ich mit Gedanken-sortieren beschäftigt. Wegbreite, Abgrund links, steiler Hang rechts, Untergrund...... Zusammengefasst würde ich sagen "Holy Moly Shit" . Von diesem ersten Anstieg ca. 1 Std. hoch gibt´s auch kein Foto - ich hatte schlicht keine Zeit. Mein Freund Sherpa war natürlich da anders drauf. So unter dem Motto: "Ich mach das schon" hat er mir die Zügel vorsichtig aus der Hand gezogen und ist mit mir am Rücken den Weg hoch gestapft, als wär´s das Normalste auf der Welt.

Norma, Tom und Umberto führten die Truppe ebenfalls mit einer Sicherheit, die seinesgleichen sucht und so kam ich schnell in die Genussphase. Meine Begleiter öffneten und schlossen die Gatter und platzierten mich mit Sherpa in der Gruppe so, dass das Greenhorn in Sachen Hochgebirgsritt immer auf seinem Pferd hocken bleiben konnte.
Sherpa hatte mir in der Zwischenzeit so viel an Sicherheit und Vertrauen gegeben, dass wir nun gemeinsam unterwegs waren und miteinander kommunizierten. Wir waren ein Team und ich unterstützte ihn, wo ich konnte. Jetzt war auch die Zeit da, um die wunderschöne Berglandschaft auf mich wirken lassen zu können und Fotos zu machen.
Die Pferde trugen uns 2 Tage lang über unterschiedlichstes Terrain, über Stein- und Holzbrücken, sogar eine Flussüberquerung war noch dabei. Der höchsten Punkt, den wir erreichten, lag auf 2.200 m - herrlicher Ausblick auf den Aletschgletscher.

Mut, Trittsicherheit, Leistungswille, Respekt - alles Dinge, die auf diese Pferde zutreffen. Ich musste Sherpa nie antreiben, ich hatte ein Gefühl, als hätte er es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Flachlandgreenhorn sicher durch die wunderschöne Landschaft der Walliser Bergwelt zu tragen. Was ich so gehört habe, ist Sherpa einer, der gerne unterm Reiten frisst :) . Auch da haben wir uns mit gegenseitigem Respekt arrangiert: ER musste nicht auf Nulldiät, und MIR durfte es nicht lästig werden. Es gab ohnehin genügend Pausen mit Essen und Trinken für Mensch und Pferd.
Die vier Pferde hatten jedoch auch noch die "Zeit" im Auge. Als wir bei Tom´s Eltern typische "Walliser Spezialitäten" genossen haben, meinten die Pferde kurzerhand, Richtung Nachtquartier aufbrechen zu müssen. Schlussendlich haben sie uns aber dann doch noch mit genommen :) und am 2. Tag mit unermüdlichem Schritt zum Ziel gebracht.

Sherpa war auch an den folgenden 2 Kurstagen mein Partner und schenkte mir zum Abschluss sogar eine einwandfreie Schritttraversale in der Hackamore. Da fällt mir gleich noch ein Attribut ein "Vielseitigkeit". Jean-Claude Dysli sagte einmal: "All die Liebe und Güte, die du in so eine Beziehung zu deinem Pferd gibst, bekommst du zurück !"

Für mich fühlte es sich bei der Trekkingtour teilweise so an, als könnte ich gar nicht so viel hineingeben, wie ich zurück bekam.

Sherpa, du wirst mir als ein ganz besonderes Pferd in Erinnerung bleiben. Als ein Freund und Partner, dem ich mich jederzeit wieder anvertrauen würde.




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