Freitag, 25. Juni 2010

Kapitel 27) Literatur


 Auszug aus Arnold Rojas
„These were the vaqueros“

Ich traf ihn vor vielen Jahren an einem Sommermorgen im Süden Kaliforniens. Die Sonne schien warm auf einen Teppich von kniehohem Gras und die Orangenbäume standen in Blüte. Hier vom San Gabriel Valley aus konnten wir die Schatten der Sierra Madre und ihre schneebedeckten Gipfel sehen.
Er saß aufrecht in seinem Sattel mit dem hohen Horn als er auf mich zukam, die geschlossenen Romal-Zügel delikat in den Fingern der linken Hand haltend.
Ich erkannte ihn sofort als einen „hijo del pais“, einen typischen Oldtimer der kalifornischen Vaqueros. Sein Gesicht war bärtig, braun und faltig, es zeigte die Herkunft des latino-amerikanischen Völkergemisches Kaliforniens.
Er ritt eines der rassigsten Pferde, die ich je sah – einen schimmernden Goldfuchs mit schwarzen Beinen und ohne einen einzigen weißen Fleck, selbst seine Hufe waren schwarz. Trotz meiner Jugend und Unerfahrenheit erkannte ich die Klasse dieses Pferdes, als der alte Mann herankam und neben mir anhielt.
Damals gab es nur noch wenige der alten Vaqueros, Reiter einer vergangenen Zeit, die mit den spanischen Longhornrindern und den „Cimarones“ den Mustangs arbeiteten und heute Legende sind.
Er begrüßte mich mit einem herablassenden Lächeln, mit dem selbstbewußte ältere Männer damals jungen Burschen begegneten und fragte mich, wohin ich wolle.
Ich antwortete respektvoll: „Senor, ich kam, um Sie Ihr Pferd reiten zu sehen.“
Jetzt lächelte er freundlich.
Sein Pferd stand absolut ruhig, nur die Ohren spielten vor und zurück. Der alte Vaquero bewegte seine Füße in den Steigbügeln– die Sporenketten klirrten in den Tapaderos. Als er die Zügelhand hob, war das Pferd hell wach. Es hatte den Kopf gehoben, ein Ohr war nach rückwärts gerichtet und zeigte dem Reiter seine Aufmerksamkeit.
Dieser nahm ganz leicht die Zügel auf und drehte die linke Zügelhand nach links. Das Pferd drehte blitzschnell um die Hinterhand links herum. Dann stand es still. Er drehte die Hand ebenso leicht nach rechts und das Pferd wirbelte rechts herum.
Er hob die Zügelhand ein wenig und ließ die Zügel vibrieren – das Pferd schritt nicht, es trabte rückwärts.
Dann lehnte der alte Mann sich vor und das Pferd sprang vorwärts, hielt aber wieder an, als er ihm die Zügel auf den Hals legte.

Der alte Vaquero ritt langsam 200 Schritte weit von mir fort und wendete dann das Pferd in meine Richtung. Für einen Moment standen sie wie ein Denkmal. Dann hob er die Zügel und lehnte sich nur wenig nach vorne. Das Pferd sprang an und kam im vollen Galopp auf mich zu. Direkt neben mir lehnte sich der alte Mann im Sattel zurück, hob leicht die Zügelhand, ohne an den Zügeln zu ziehen. Das Pferd stoppte, indem es die Hinterhand weit untersetzte und die Kruppe einzog, als wollte es sich hinsetzen. Im nächsten Augenblick stand es wieder vollkommen ruhig und mit gesenktem Kopf vor mir und kaute ruhig auf seinem Gebiss.Hätte der alte Mann ein Glas Wasser in seiner rechten freien Hand mitgebracht, nicht ein Tropfen wäre verschüttet worden.
Ich mußte an die Geschichten meiner Großmutter denken von den Vaqueros, die in Gruppen um die Wette ritten, Tabletts mit Gläsern in der Rechten um ihr Wein zu bringen. So etwas geschah bei den Reiterspielen der Fiestas von Los Angeles vor 100 Jahren, als meine Großmutter und Kalifornien, als beide noch jung waren.

Hier hatte ich etwas gesehen, was mich in meinem ganzen Leben nicht wieder loslassen sollte. Pferd und Reiter in vollkommener Harmonie.

Wo ich herkomme sagt man, wenn ein Mensch sich etwas ganz sehnsüchtig wünscht, dann soll er beten. Ich habe damals gebetet. Ich wünschte mir mit aller Macht, eines Tages ein Pferd so reiten zu können wie dieser alte Vaquero. Er hatte es mit kaum sichtbaren Gewichts- und Schenkelhilfen sogar im halsbrecherischen Tempo beherrscht, mit wenigen Hilfen am losen Zügel. Es sah so leicht aus, so elegant, so spielerisch. Pferd und Reiter strahlten so viel Harmonie aus! Ich war davon überzeugt, dass beide Spaß an ihrem Zusammenspiel hatten und stolz darauf waren.

Es war einfach vollkommen.

3 Kommentare:

  1. Hat der Author für seinen Artikel Tom Dorrance, Ray Hunt oder Mike Bridges reiten gesehen??? Es gibt nichts Schöneres als ein perfekt ausgebildetes Californian Vaquero Bridlehorse.

    AntwortenLöschen
  2. Hey, sorina !
    Wäre wirklich interessant zu erfahren, wen er da hat reiten sehen. Und ja - ich muss Dir Recht geben - es kann nichts Schöneres geben, als ein perfekt ausgebildetes Californian Vaquero Bridlehorse.
    Dieser Artikel ist nur ein übersetzter Ausschnitt aus dem Buch mit insgesamt 528 Seiten von Arnold R. Rojas ! Guck mal hier:

    http://www.amazon.com/These-were-vaqueros-Arnold-Rojas/dp/B0006XYQX8

    Danke für Deine tollen comments in unserem Blog !

    Liebe Grüße, auch an Deine Lusitanodame !

    AntwortenLöschen
  3. Leider ist das Buch auf amazon.com nicht mehr lieferbar, schade! Es sollte als E-Book veröffentlich werden. Es wäre so interessant! Die Lusitanodame soll einmal ein Bridlehorse werden! Damit hast Du alles! Egal, ob Dressur, Working Equitation oder Western Riding... das Califonian Vaquero Bridle Horse deckt alles ab.

    AntwortenLöschen